Lilli Koisser

Raus aus dem Freelancer-Hamsterrad – Melanie Retzlaff im Interview

Raus aus dem Freelancer-Hamsterrad - Melanie Retzlaff im Interview

Um den Audio-Player zu laden, akzeptiere bitte die Cookies in der Datenschutzerklärung.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Transkript der Folge:

Lilli: Hallo und herzlich willkommen zurück zum Pyjama-Business-Podcast. Ich habe heute wieder einen Gast für dich. Und zwar die Melanie Retzlaff von Business mit Struktur, ein Unternehmen, mit dem ich auch schon arbeiten durfte.

Und wir werden heute über das Thema reden, wie man vom Selbstständigen zum Unternehmer/zur Unternehmerin wird. Ich weiß, dass das viele von euch auch gerade betrifft. Und Melanie, stell dich und deine Geschichte doch mal gerne vor.

Wie kommst du zu dem Thema? Ich weiß ja, dass du eigentlich eine Marketing-Agentur hattest. Wie kam es dann, dass du dich da verändert hast?

Melanie: Ja, total gerne. Erstmal vielen Dank für die Einladung, Lilli. Ich bin Melanie Retzlaff von Business mit Struktur. Wie du schon gesagt hattest, ich hatte eine Marketing-Agentur in München und war mit meinem Business-Leben überhaupt nicht glücklich. Ich habe super viel gearbeitet, 60 bis 80 Stunden die Woche waren ganz normal.

Lilli: Oh, wow!

Melanie: Alles war immer super stressig. Ich hatte auch ein größeres Team von Freelancern, die mir zugearbeitet haben. Aber irgendwie haben die noch mehr Arbeit kreiert. Ich war irgendwie komplett das Bottleneck. Und ich habe dann für mich gesehen, okay, ich kann mir das nicht mehr vorstellen, so in der Zukunft zu arbeiten.

Mit diesem Business kann ich nicht alt werden. Ich muss was verändern. Und dann habe ich mal das Geld auf dem Tisch liegen lassen, bin zwei Schritte zurückgegangen und habe mir mal angeschaut: warum habe ich eigentlich solche Schwierigkeiten in meinem Business?

Und was mir dabei aufgefallen ist und vielleicht erkennen sich deine Zuhörer dort wieder, wir bieten als Dienstleister ja immer Individualprojekte an. Das bedeutet: hallo, lieber Kunde, mein Stundensatz ist X. Was willst du von mir? Ja. Das ist meine Expertise.

Und das war so die Wurzel allen Übels, habe ich dann herausgefunden, weil dieser ganze Rattenschwanz an Problemen ist dadurch entstanden, dass ich Individualprojekte angeboten habe. Genau, und ist irgendwie so der Groschen gefallen.

Und dann habe ich gemerkt, ich muss ein standardisiertes Angebot entwickeln, dann kann ich Strukturen entwickeln und die Arbeit vernünftig an Mitarbeiter outsourcen. Und dann wird einfach alles einfacher. Und ich habe mir das in den letzten Jahren auch bewiesen. Das ist wirklich einfacher geworden.

Natürlich in jeder Phase, wo man steckt, hat man auch Herausforderungen. Da will ich jetzt nicht einfach nur rosig reden. Aber auf jeden Fall gefällt mir dieses Geschäftsmodell standardisiert sehr viel besser.

Lilli: Was war deine Rolle in der Agentur? Warst du da die Inhaberin?

Melanie: Ich war die Inhaberin und habe mich primär auch um die Strategie gekümmert. Wir waren eine Marketing-Agentur. Wir haben Websites, Social Media und SEO angeboten. Und ich war schon immer der Stratege. Und der Umsetzer war ich eher nicht. Dazu habe ich mir die Freelancer geholt.

Lilli: Und wie kam es dazu, dass du eine Agentur gegründet hast? Warst du davor auch Freelancerin? Oder kamst du aus einem Angestelltenverhältnis? Weil ich kann mir vorstellen, dass eine Agentur zu gründen auch mit einem Aufwand verbunden ist.

Melanie: Ja, ganz am Anfang als ich so aus der Uni kam, bin ich dann erstmal Unternehmensberater geworden. Da war ich dann in so einem großen Konzern angestellt und habe gemerkt, die kochen auch nur mit Wasser. Da bin ich dann nicht lange geblieben und habe dann als Freelancer erstmal anfangen.

Und Marketing-Projekte sind ja wahnsinnig komplex. Da musst du dann einen Designer und Programmierer dazunehmen. Und wenn du selbst die Fähigkeiten nicht hast, musst du sowieso sofort ein Team aufbauen. Das war bei mir ganz schnell so. Und deswegen habe ich von Anfang an eigentlich immer gleich mit einem Team gearbeitet.

Lilli: Verstehe. Das heißt, ihr wart so eine Full-Service-Agentur?

Melanie: Genau, Full-Service, ganz schrecklich. Full-Service ist doch das Schlimmste vom schlimmsten, weil da bietet man ja wirklich alles an.

Lilli: Ja, möglichst viel abdecken wollen.

Melanie: Genau.

Lilli: Und du hast dann umgeschwenkt und dir überlegt: ich mache jetzt ein standardisiertes Angebot. Wie bist du darauf gekommen? Wie bist du darauf gestoßen?

Melanie: Irgendwann mal ist mir so synchronicity-mäßig ein Buch in die Hand gefallen. Und zwar heißt das Buch Built to Sell von John Warrillow. Und in seinem Buch beschreibt er so einen Protagonisten. Und das ist ein Agenturinhaber.

Und wie er das da beschrieben hat, habe ich gesagt: oh mein Gott, du schreibst über mein Leben, ja. Und er hat auch ganz klar gesagt, es ein einfach die Individualprojekte. Und so fing es erstmal an. Da bin ich erstmal auf den Trichter gekommen, wo das Problem liegt.

Er hat jetzt in dem Buch natürlich ein paar Sachen gesagt, wie man das angeht, aber in so einem Buch kannst du natürlich nicht alles vernünftig abdecken. Und dann fing so meine Reise an, zu erforschen, wie ich diese Lösung auch wirklich für mich implementiere, ja.

Lilli: Und welche Höhen und Tiefen gab es dabei?

Melanie: Übergänge sind ja meist sehr schwer. Wir sind jetzt zum Beispiel auch gesellschaftlich, finde ich, in so einem Übergang, wo man merkt, da ist ganz schön viel Tumult, ja. Man weiß irgendwie, das was in der Vergangenheit ist, passt nicht mehr, aber man weiß nicht, wie die Zukunft aussieht.

Und dadurch entsteht in uns natürlich sowas wie eine Angst, weil wir nicht wissen: wie geht es weiter? Wo kommt das Geld her? Klappt das alles so, wie ich mir das vorstelle? Und Übergänge waren natürlich auch bei mir eine große Schwierigkeit. Ich war ja auch gewohnt zu sagen: hallo, ich bin Melanie und ich mache Marketing.

Mein Stundensatz ist X, ja. Und dann auch erstmal im Kopf das alles zu verändern, sich ganz anders aufzustellen, dann wirklich auch das Alte loszulassen, ja, und auch das Vertrauen in die Zukunft zu haben, dass man auch davon leben kann und so weiter. Das war natürlich eine Schwierigkeit.

Und auch meine Kunden, mit denen wir heute arbeiten, ist nichts anderes, ja. Und weil ich das auch selber durchgemacht habe, kann ich das natürlich extrem verstehen. Nicht einfach „ach, schmeiß alles hin und mache jetzt das Neue, weil das ist besser“, sondern es muss irgendwie realitätserprobt sein, wie man diesen Übergang schafft.

Lilli: Man steht dann auch eine Zeit lang mit zwei Beinen in zwei verschiedenen Dingen. Und das ist dann auch immer so ein Balanceakt, finde ich. Ich bin den Weg ja auch gegangen. Und man hat seine Kundenprojekte, dann versucht man noch was anderes aufzubauen, dann Marketing für beide Sachen und so. Es ist sehr viel.

Melanie: Ich glaube, man muss diese Vision von dieser neuen Welt haben, sagen wir mal so, damit man nicht im Alltagstrubel immer wieder untergeht und seine Vision konsequent versucht zu erreichen.

Aber natürlich, wenn du nicht weiß, wo nächsten Monat deine Miete herkommt, dann musst du vielleicht auch mal kurzfristig agieren und dieses Problem auf die Reihe kriegen. Es ist ganz normal. Die wenigsten von uns sind irgendwie reich geworden oder haben reich geheiratet. Und wir müssen uns mit der Realität auseinandersetzen, klar.

Lilli: Und welche Höhen gab es bis jetzt? Was waren so die schönsten Höhepunkte auf deiner Reise?

Melanie: Das Allertollste für mich und das hat auch sowas mit Selbsterkenntnis zu tun, und zwar ist mir dann im Laufe des Prozesses aufgefallen, ich war nie ein guter Umsetzer, ja. Und ich habe mich immer gewundert, warum mir mein Business keinen Spaß gemacht hat, weil das Thema Marketing mir wahnsinnig viel Spaß gemacht hat, ja.

Ich habe mich super viel weitergebildet. Aber irgendwie hat mich die Agentur nur angenervt. Und es gab wirklich Momente, wenn ich eine E-Mail von einem Kunden gekriegt habe, hätte ich an die Decke gehen können, ja.

Das lag aber nicht an den Kunden, sondern an mir, weil da irgendwie eine Wunde war. Und dann diesen Umschwung zu Business mit Struktur, wo ich eher als Lehrer fungiere.

Und da habe ich gemerkt: wow, die Problemlösung ist eigentlich die gleiche, die ich biete, aber das Format hat sich verändert. Und das Format passt jetzt wirklich viel mehr zu meiner Persönlichkeit. Morgens aufstehen ist wirklich überhaupt kein Problem mehr. Das macht so viel Spaß, ja.

Lilli: Cool, danke fürs Teilen.

Melanie: Ja.

Lilli: Als ich damals gegründet habe, da habe ich mich immer gefragt: warum machen die Leute einen Unterschied zwischen Selbstständige, Freiberufler*innen, Unternehmer*innen und Gründer*innen?

Das war für mich immer dasselbe, Synonyme. Und das hat dann auch ein paar Jahre gedauert, bis ich gecheckt habe, was da der Unterschied ist und dass es eigentlich fundamentale Unterschiede sind. Kannst du vielleicht mal kurz erklären, was der Unterschied zwischen Selbstständigen und Unternehmer*innen ist?

Melanie: Ja, total gerne. Das ist nicht meine eigene Definition, sondern die kommt von Robert Kiyosaki. Das kann man auch ganz gut im Buch Cashflow Quadrant nachlesen. Und in dem Buch sagt er, es gibt vier verschiedene Menschen, aber es gibt den Selbstständigen, der hat kein Business, er ist das Business.

Und wenn er aufhört zu arbeiten, dann arbeitet das Business auch nicht weiter. Und der Unternehmer baut ein System auf, was außerhalb von ihm liegt. Das heißt, wenn der Unternehmer aufhört zu arbeiten, kann das System immer noch weiterlaufen.

Und weil der Selbstständige ja eigentlich seine Zeit verkauft, das ist das große Problem mit dem Zeit verkaufen. Ich sage nicht, das ist total schlecht und darf überhaupt nicht gemacht werden, aber es bringt fundamentale Probleme mit sich, wenn man auf dem unternehmerischen Weg sein möchte.

Wenn du deine Zeit verkaufst, dann kannst du einfach kein System aufbauen, was außerhalb von dir liegt. Wir haben uns bei Business mit Struktur eigentlich komplett auf Leute spezialisiert, die in diesem Selbstständigen-Quadranten sind, sich dort aber nicht wohlfühlen. Es gibt ja auch Selbstständige, die sind da happy, ja. Und dann gibt es auch keinen Handlungsbedarf.

Aber die eigentlich ein Unternehmerherz haben und sagen: irgendwie ist die große Freiheit doch nicht eingetreten, ich möchte den Schritt zum Unternehmer machen, dann können wir eigentlich genau helfen, weil wir uns darauf spezialisiert haben: was sind die einzelnen Schritte, die du machen musst, um zum Unternehmer zu kommen.

Lilli: Du hast gerade schon so diese Zeit-gegen-Geld-Falle, das Freelancer-Hamsterrad et cetera angesprochen. Kannst du da vielleicht noch mehr dazu sagen, was da das Problem ist oder warum da manche damit strugglen?

Melanie: Zeit gegen Geld eignet sich für Anfänger besonders gut. Man hat ja noch nicht so die große Vorstellung: was sind die Probleme im Markt? Wie muss ich eine Lösung entwickeln? Und du bist als Selbstständiger eigentlich ein freier Mitarbeiter in einer anderen Firma.

Aber es hat sich nichts geändert. Du schreibst zwar Rechnungen, aber du bist wie ein Mitarbeiter. Und das ist für den Anfang gut, wenn man erstmal reinkommen und starten will.

Wenn du jetzt aber ein Unternehmerherz hast, dann merkst du sehr schnell, ich habe diesen Fehler selber gemacht, ich war angestellt, hatte mir da meinen Stundensatz ausgerechnet und habe gedacht: wenn ich als Selbstständiger das Doppelte nehme, dann ist das ja total viel Geld. Es hat sich dann sehr schnell herausgestellt, dass das doch nicht so ist.

Lilli: Habe ich auch gemacht, ja.

Melanie: Und das Problem mit Zeit gegen Geld ist einfach, dass du für jeden neuen Euro immer wieder den gleichen Aufwand bringen musst. Du kannst kaum von vergangenen Projekten profitieren. Und ich denke schon sehr langfristig. Ich denke auch schon darüber nach, wie mein Leben ist, wenn ich 50 oder so bin.

Ich weiß oder kann davon ausgehen, dass es mit den Jahren immer schwieriger wird, ja. Ich nehme gerne dieses Beispiel mit dem Wassereimer schleppen und der Wasserleitung bauen. Wenn du 20 Jahre bist, hast du super viel Energie, schleppst die Wassereimer, kriegst jeden Tag oder Monat dein Geld, kannst damit machen, was du willst. Das ist okay.

Aber umso länger du das machst, umso länger werden deine Arme, ja. Irgendwann wird das Schleppen immer schwieriger. Und den Weg zum Unternehmertum kannst du eigentlich bildlich so sehen, dass du dir eine Wasserleitung baust und das Wasser von alleine fließen kann.

Der Weg eine Wasserleitung zu bauen, da muss natürlich erstmal Vorab-Investment sein. Das Wasser fließt nicht von Anfang an. Und nur, wenn du wirklich diese Vision hast und auch nicht sofort das Geld haben willst, da braucht es so eine innere Geduld, kannst du irgendwann dazu kommen, dass du diese Wasserleitung hast.

Und dann muss man die Wasserleitung natürlich noch instand halten. Aber das ist nicht mehr so viel Arbeit, als wenn du wirklich jeden Tag die Eimer schleppst.

Lilli: Würdest du sagen, dass die Vision ein wesentliches Merkmal von Unternehmer*innen ist?

Melanie: Ganz stark. Ich würde mal sagen, wenn du ein wirkliches Unternehmerherz hast, dann ist Geld auch nicht die Priorität.

Geld muss schon auch da sein, weil du musst dich finanzieren, ja. Aber der große Unterschied zwischen dem Selbstständigen und dem Unternehmer ist, der Selbstständige arbeitet erstmal, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Der sagt sich: wenn ich fünf Kunden habe, dann reicht mir das.

Ein Unternehmer hat eine Lösung entwickelt, die wirklich ein Problem in der Gesellschaft adressiert. Und wenn die Lösung schon da ist, baut der Unternehmer das System auf, um die Problemlösung so groß wie möglich in den Markt zu bringen.

Der Unternehmer will nicht nur fünf Leuten helfen und dann hat er ja genug. Sondern er will das weiter in den Markt bringen, dass noch mehr Leute davon profitieren können. Und dazu braucht man natürlich auch eine Vision, ja. Genau.

Lilli: Das ist eine sehr schöne Definition. Mal angenommen, jemand will jetzt Unternehmer*in werden, welche Geschäftsmodelle bieten sich dafür an? Und welche Schritte kann ich gehen?

Oder was sind so die ersten Schritte, wenn ich sage: ich möchte jetzt nicht mehr für den Stundensatz arbeiten. Ich möchte mehr Menschen helfen. Ich möchte weniger meiner Zeit aufwenden. Wie kann das von statten gehen?

Melanie: Bei Geschäftsmodellen gibt es so viele unterschiedliche. Da kann ich jetzt gar nicht so drauf eingehen. Das kommt ganz stark drauf an, was du machst. Aber die einzelnen Schritte sind bei jeder Person relativ ähnlich. Ich habe so ein Bild von einem unternehmerischen Weg, ja.

Und es gibt so einzelne Phasen. Und du entscheidest selbst, wie weit du den Weg gehst. Das heißt, als Unternehmer sind wir alle auf dem Weg, aber es ist eine persönliche Entscheidung, wie weit man den Weg geht. Schritt Nummer eins auf diesem Weg ist: du brauchst ein skalierfähiges Angebot.

Wenn du deine Zeit verkaufst, kannst du nicht skalieren, weil du hast nur so viel Zeit, ja. Was ist denn ein skalierfähiges Angebot? Es muss ein konkretes Paket sein, was einen Fixpreis hat. Wenn du Umsetzer bist, dann nennen wir das productized service. Wenn du sowas wie Coach oder Berater bist, dann nennen wir das Methode.

Ist eigentlich das gleiche, aber es sind zwei verschiedene Begriffe, je nachdem woher du kommst. Das ist der absolute Grundstein. Wenn du kein skalierfähiges Angebot hast, dann bist du nicht auf dem unternehmerischen Weg, dann bist du selbstständig.

Der zweite Schritt ist, dass du interne Abläufe vom Tagesgeschäft her systematisierst, automatisierst, standardisierst. Das heißt, weil du dein Angebot ja im Fixpreis verkaufst, nehmen wir mal an, das Angebot kostet 1.000 Euro, jetzt auf einmal lohnt es sich, total effizienter zu werden.

Als Freelancer hat es sich nicht gelohnt, effizienter zu werden, weil dann konntest du wenige Stunden in Rechnung stellen. Dann hast du dir ja eigentlich selbst in den Fuß geschossen.

Lilli: Genau, ja.

Melanie: Jetzt aber auf einmal, weil du einen Fixpreis verkaufst, lohnt es sich total, effizienter zu werden. Das heißt, diese einzelnen Abläufe mal zu überlegen: wie kann ich das vernünftiger machen? Wie kann ich mir vielleicht durch Technologie helfen lassen, dass ich da nicht jeden Schritt manuell machen muss?

Und der zweite Schritt, dieses Systematisieren, die Leute wissen meist nicht, was sie systematisieren sollen. Und da gibt es eigentlich drei Systeme, die wir Tagesgeschäft nennen. Und zwar, das ist die Lieferung der Leistung. Der Kunde hat irgendwas gekauft und jetzt muss er es auch bekommen. Das kann man systematisieren.

Dann die Lead-Konvertierung, das ist das zweite System. Wie wird denn aus einem Interessenten ein Kunde? Ja. Ist das bei dir nur Zufall? Okay, jetzt hat mich angeschrieben oder so? Oder ist da ein System dahinter? Und das dritte System ist die Lead-Generierung.

Das heißt, wenn du diese drei Systeme systematisierst, dann bist du schon ganz vorne mit dabei, weil da kannst du dich dann auch immer mehr aus diesen Systemen rausziehen. Und dadurch hast du den Freiraum, an deinem Business und nicht nur in deinem Business zu arbeiten.

Wenn du bei Schritt Nummer eins und zwei dein Haus ansiedelst und sagst: hier gefällt es mir, hier möchte ich mich auf der unternehmerischen Seite niederlassen, dann bist du der sogenannte Solopreneur. Für mich ist ein Solopreneur etwas anderes als ein Selbstständiger, weil ein Solopreneur bereits Hebel in seinem Business hat.

Der muss nicht immer alles auf seine Muskelkraft machen. Wenn der Solopreneur alles mit Muskelkraft macht, schafft er auch ungefähr so 60.000 Euro Umsatz im Jahr, ja. Mehr ist eigentlich nicht drin. Konzernberater so ein bisschen ausgenommen, die haben immer so crazy Tagessätze.

Aber so der typische Freelancer schafft eigentlich kaum mehr als 60.000 Euro zu machen. Als Solopreneur hast du bereits schon Hebel. Das heißt, du kannst mehr Umsatz mit weniger Einsatz schaffen, weil du da schon smartisiert hast. Ich habe auch Solopreneure als Kunden, die schaffen es, 300.000 Euro im Jahr zu verdienen.

Lilli: Cool.

Melanie: Genau. Weil das Geschäftsmodell hier einfach so aufgebaut ist, dass es möglich ist. Als Freelancer ist es einfach nicht möglich, weil mehr auf Muskelkraft ist einfach schwer. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter. Die Phase drei ist: du baust dir ein eigenes Team auf. Und hier wärst du dann schon Full-Blown-Unternehmer, ja.

Da bist du kein Solopreneur mehr. Jetzt sorgst du dafür, dass du dich aus diesen drei Systemen, die ich gerade erklärt habe, da wirklich zu 100 Prozent rausziehst, dass deine Mitarbeiter das machen können. Das geht nicht von heute auf morgen, das dauert eine Weile. Aber so machst du dich mit deinem Team ersetzbar, ja.

Dann bist du jetzt schon so weit, dass du zu Schritt vier gehen kannst. Da kannst du zum Beispiel ein Franchise-Unternehmen draus machen. Das ist, wo ich mein kleines Haus angesiedelt habe. Mein Unternehmen ist ein Franchise-Unternehmen, weil diese Systeme so standardisiert sind, dass sie einfach extrem multiplizierbar sind, ja.

Und als allerletztes, Schritt Nummer fünf, kannst du dein Unternehmen verkaufen oder ein die Börse gehen, ein IPO machen und dann wärst du als Unternehmer der absolute Überflieger.

Es muss nicht jeder machen. Nicht jeder muss ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitern oder so aufbauen, aber zumindest ist das der gleiche Weg. Und ob du bis zum letzten Schritt gehst, ist dir überlassen.

Lilli: Und auf den letzten Schritten lohnen sich dann ja wieder die Prozesse, die ich im zweiten Schritt definiert habe. Ich überlege mir: wie wird das geliefert? Wie bekomme ich meine Leads? Und der Prozess wird dann eigentlich nur noch mehr verfeinert, automatisiert, unabhängig von mir gemacht oder dann vom Team ausgeführt.

Melanie: Genau, absolut. Ich weiß jetzt nicht, ob ich ein bisschen zu technisch werde, es gibt sowas wie Hebelwirkung und Skalierung. Was ist der Unterschied? Hebelwirkung kennen wir aus dem Physikunterricht. Wir wollen alle eine Last stemmen. Die Last ist eigentlich das Geld, was wir verdienen, ja.

Und dazu brauchen wir Einsatz. Wenn wir einen Hebel haben, umso länger der Hebel ist, umso leichter wird es für uns. Skalierung kennen wir aus der Fotografie. Wir können Fotos skalieren, bis sie so ein riesen Poster werden oder sowas. Das bedeutet einfach nur Vergrößerung.

Wenn du als Unternehmer skalieren willst, musst du vorher Hebel implementieren, weil sonst wird dein Unternehmen groß, aber es basiert nicht auf Hebeln und dann brichst du unter der Last zusammen. Ich sage immer, erst Hebeln, dann skalieren.

Es ist ein bisschen technisch. Aber ja, viele Unternehmen wachsen, haben aber die Hebel nicht vorher implementiert. Und dann kriegen sie ein Problem.

Lilli: Das sind so die klassischen Onlinekurs-Anbieter, die dann auf einmal hunderte Kund*innen haben, die sie jetzt betreuen müssen. Und die Systeme sind noch gar nicht da, um diese Leute auch wirklich zufriedenstellen zu können.

Melanie: Absolut. Man kann zu schnell wachsen, ja, definitiv. Das kann auch ein Untergang eines Unternehmens sein.

Lilli: Voll, ja. Erstmal vielen Dank für die vielen Erklärungen, voll cool. Du zeigst Leuten ja auch, wie sie Stundensätze von 200 bis 600 Euro erzielen können.

Da hast du mal irgendeinen Gastbeitrag oder so gemacht. Und das war so griffig und schmissig, das habe ich mir gemerkt. Wie gelingt denn das? Wie mache ich denn einen Stundensatz von 500 Euro?

Melanie: Genau. Wenn ich von Stundensätzen von 500 Euro rede, rede ich von internen Stundensätzen. Das würde ich niemals an den Kunden kommunizieren. Was passiert? Wir haben eine konkrete Problemlösung, die einen Fixpreis von, sagen wir, 1.000 Euro hat.

Aber weil ich das so smart aufgebaut habe, brauche ich vielleicht nur zwei Stunden dafür, diese Leistung zu liefern. Das ist dem Kunden auch egal. Weil er sieht nur: dieses Problem habe ich, Lilli hat diese Lösung, das ist es mir wert, 1.000 Euro gebe ich gerne aus. Und dann ist es mir völlig egal, wie viel Zeit Lilli dafür braucht, ja.

Das heißt, wenn du hier wirklich automatisierst, strukturierst und so weiter oder vielleicht auch mit Mitarbeitern arbeitest, die günstiger sind, weil sie jünger sind und noch was bei dir lernen, das ist natürlich noch eine weitere Möglichkeit, dann kannst du interne Stundensätze von 500 Euro bekommen.

Es geht darum, dass du smarte Pakete packst, die einen Festpreis haben, effizienter in der Abarbeit wirst. Und du kannst auch, das nennt man Offer Stacking, hast du vielleicht auch schon oft gesehen, besonders bei Onlinekursen, wo es dann heißt: es gibt den Kurs. Und dann gibt es noch das, das und das dazu.

Aber was es dazu gibt, und das ist ganz wichtig, müssen Sachen sein, die nicht deine Zeit beanspruchen, ja. Du musst Werte in dein Paket packen, die so gut wie gar nichts mit deiner Zeit zu tun haben.

Ja, es brauchen Initial Investment, dass du den Bonus oder sonst was erstmal erstellst. Aber dann würde sich die Zeit mit jedem neuen Kunden nicht multiplizieren.

Lilli: Das sind dann zum Beispiel so Workbooks, Unterlage oder Checklisten?

Melanie: Genau. Ich habe einen Blog-Artikel geschrieben, den kannst du vielleicht auch drunter verlinken.

Lilli: Ja, sehr gerne.

Melanie: 15 Ideen, wie man seine Angebote hochpreisiger machen kann. Und da liste ich einfach auf: was sind denn alles so Sachen, die du in ein Paket packen kannst, die nichts mehr mit deiner Zeit zu tun haben?

Lilli: Und ich glaube auch, irgendwann ist man als Unternehmer*in an dem Punkt, wo es gar nicht mehr um meine Stunde Zeit geht, wo das dann komplett davon entkoppelt ist.

Dann habe ich ja gar nichts mehr mit der Lieferung der Leistung zu tun. Und dann ist es auch komplett unerheblich, wie viele Stunden ich arbeite oder wie viele Stunden pro Tag ich am Schreibtisch sitze oder so. Dann kann man ja gar nicht mehr so wirklich von Stundensätzen sprechen, oder?

Melanie: Genau. Das wäre jetzt die Übergangsphase zum Unternehmertum, weil erstmal wirst du wahrscheinlich noch eine Weile in der Lieferung der Leistung sein, weil du musst erstmal hinkommen. Sonst wäre das ein Riesenschritt.

Aber irgendwann, wie du gesagt hast, hast du dich aus dem System Lieferung der Leistung komplett, zu 100 Prozent, zurückgezogen. Und dann musst du aber trotzdem gucken. Die Leistung muss ja trotzdem irgendwie geliefert werden. Und die Leistung hat ja trotzdem irgendwo noch einen Aufwand.

Und auch das muss so gemanagt werden, dass das Angebot immer noch attraktiv ist. Vielleicht lässt du es durch einen Mitarbeiter machen, ja. Der fabriziert ja auch Kosten. Das wäre dann eine Kostenrechnung, sagen wir mal so.

Lilli: Ich höre jetzt schon die Facebook- und YouTube-Kommentare. Ich habe ja auch schon diverseste Gelddiskussionen online geführt. 500 Euro Stundensatz, das ist moralisch verwerflich! Und das geht ja nicht.

Und das ist Betrügerei. Und ein Arzt verdient ja auch nicht so viel. Und die Krankenpfleger*innen sind ja unterbezahlt et cetera. Was sagst du dazu? Kann man das überhaupt vergleichen? Die stehst du zu diesen Bedenken?

Melanie: Nein, ich kann diesen Aufschrei natürlich verstehen, weil sich das erstmal komisch anhört. Deswegen ist es hier ganz wichtig zu verstehen, was wir mit interne Stundensätze meinen. Es geht nicht darum, dass du einfach nur deine Preise erhöhst, weil du es jetzt kannst, weil du vielleicht die Brand oder so hast.

Das wäre schon schade, weil wenn du letztendlich ein wirklicher Unternehmer bist und auch so ein Herz hast, dann willst du ja, dass ganz viele Leute davon profitieren. Aber es ist ganz wichtig, dass du, wenn du diese Preise nimmst, auch den Wert lieferst, ja. Wir haben gerade über Offer Stacking gesprochen.

Du gibst ja extrem viel Wert, ja. Deswegen hat es diesen Preis. Und der Kunde will das ja auch. Er will die Lösung haben, er kriegt ganz viel. Dass du im Hintergrund einfach nur smart arbeitest, das ist doch für dich und deinen Kunden eine super Sache. Nehmen wir mal ein Beispiel. Ich meine, du machst super viel Content-Marketing, Lilli.

Ich mache super viel Content-Marketing. Wenn ich 40 Stunden die Woche an meinen Kunden leisten müsste, dann hätte ich doch überhaupt keine Zeit, diese Sachen zu machen. Ja, und alle Leute, die Lösungen suchen, die googeln und dann auf mich oder deine Seite kommen. Das wäre alles nicht möglich, ja.

Es geht darum, sich den Freiraum zu schaffen, seinen Lebensunterhalt in kürzerer Zeit zusammenzubekommen, dass man genug Freiraum hat, sich weiterzuentwickeln.

Natürlich kannst du dich auch entschieden, die Zeit jetzt auch mit deiner Familie zu verbringen. Das ist auch gut. Aber vielleicht willst du dich und dein Business ja einfach noch weiterentwickeln. Das braucht es einfach.

Lilli: Und das kommt ja dann auch wieder anderen Menschen zugute, wenn man sein Business weiterentwickelt, die Angebote verfügbarer, besser auffindbar et cetera macht. Wir machen das ja nicht nur für uns und auch nicht nur zum Spaß, sondern wir wollen damit ja auch was erreichen, bezwecken und verändern.

Melanie: Absolut, ja. Und wenn die Zeit ist, dann hast du auch die Möglichkeit, kleinere Produkte, die im Selbstlernmodus oder so verfügbar sind. Das ist dann gar nicht mehr deine Zeit, aber die Lösung gibst du wirklich auch für Leute, die nicht so viel Geld haben, erstmal anfangen wollen oder so.

Lilli: Genau, ja.

Melanie: Wenn du viel in der Woche leisten musst, dann hast du einfach keinen Raum dafür.

Lilli: Ja, alleine schon der ganze kostenlose Content. Da können sich die Leute schon was draus ziehen. Ist ja nicht so.

Melanie: Ja, absolut. Das ist mir auch total wichtig. Wenn es noch nicht passt, die Zeit noch nicht gekommen ist, ein One-on-One-Coaching zu machen, dann kannst du aber trotzdem gerne in meiner Welt sein.

Du kannst dich trotzdem weiterentwickeln, dass du irgendwann zu dem Punkt kommst, wo ein One-on-One-Coaching sinnvoll ist. Ich habe auch schon mal leider als negatives Feedback bekommen: ja, aber du machst das ja nur, weil du mir was verkaufen willst.

Lilli: Ja, kenne ich auch.

Melanie: Nein, eigentlich nicht, weil ich muss diese ganzen Artikel nicht schreiben, weil ich dir was verkaufen will. Es ist auch wirklich so, wenn du den Artikel liest und sagst: hey, das hat mir jetzt gereicht, dann ist es auch okay, ja.

Lilli: Voll. Außerdem finde ich es auch nicht schlimm, etwas verkaufen zu wollen, weil deswegen haben wir auch ein Unternehmen. Wir wollen ein Angebot unter die Leute bringen.

Melanie: Ja. Ich weiß ja nicht, ob du schon mal die Erfahrung gemacht hast, du hast ein Problem und suchst eine Problemlösung. Du findest eine Website und die bieten nichts an. Das macht mich wahnsinnig. So, was kann ich denn hier kaufen?

Lilli: Ja, ich kenne das auch. Und ich sage das auch immer meinen Kund*innen. Wenn ihr mit eurem kostenlosen Content einen Bedarf weckt oder den Leuten ihre Probleme aufzeigt, welche Missverständnisse sie haben.

Oder was sie stattdessen machen könnten und dann nie ein Angebot macht, weil ihr euch nicht traut oder wollt nicht schleimerisch, verkäuferisch et cetera sein, dann lasst ihr eure Kund*innen ja dann eigentlich im Regen stehen. Und entweder sie lösen dann ihr Problem nicht oder gehen dann wo anders hin.

Und zu jemand anderen, der ein Angebot macht und das Problem dann für sie oder mit ihnen löst.

Melanie: Ja, und letztendlich ist es ja ein Energieaustausch. Ich gebe dir meine Energie, weil ich eine Lösung kreiert habe und du gibst mir deine monetäre Energie.

Wenn wir als Mensch ein großes Herz haben und auch an Gerechtigkeit glauben, dann müssen wir auch für die Gerechtigkeit auf unserer Seite einstehen, ja. Dieser Energieaustausch muss auch wieder mal zurückfließen. Es geht einfach nicht, wenn man nur gibt, gibt, gibt und da kommt nie was. Da würde ein Ungleichgewicht im Universum entstehen, ja.

Lilli: Ja, total. Und da ist man ja auch nicht mehr motiviert, weiterzumachen, wenn man sich ständig unterbezahlt und nicht wertgeschätzt fühlt.

Melanie: Absolut, ja.

Lilli: Meine Leute sind ja eher kreative Chaoten, sage ich jetzt einmal. Und ich könnte mir vorstellen, dass sie sagen: hört sich alles logisch an. Aber so Strukturen, Prozesse, Workflows und Methoden will ich nicht und das schränkt mich ein. Und ich habe mich doch selbstständig gemacht, damit ich kreativ und frei arbeiten kann. Wie stehst du dazu?

Melanie: Beim Begriff Struktur denkt man erstmal: oh Gott, der große Konzern, der irgendwelche wilden Strukturen hat, die eigentlich nur im Weg stehen und krank machen, sagen wir mal so, ja. Das ist auch im Konzernbereich oder bei etablierten Strukturen Realität, die es schon über viele Jahrzehnte und Jahrhunderte gibt.

Auf unserem Level sind Strukturen wirklich auch sehr förderlich. Strukturen, wenn wir mal an den Körper denken, ja, der Körper ist knallhart durchstrukturiert. Wenn man oben ein Stück Torte reinschiebt, weiß der Körper ganz genau, was damit zu machen ist, ja.

Lilli: Ein Workflow.

Melanie: Und diese Struktur braucht es einfach, damit das was reinkommt, auch ein vernünftiger Output ist, ja. Garbage in, Garbage out. Es muss schon alles vernünftig designt sein. Aber diese Strukturen müssen vital bleiben. Der Körper ist vital. Wenn sich etwas verändert, dann kann der sich drauf einstellen.

Wenn die Temperatur absinkt, dann kann sich der Körper drauf einstellen. Wenn auf einmal kein Kuchen oder andere Nahrungsmittel mehr da sind, kann sich der Körper zumindest für eine Weile drauf einstellen. Das heißt, wenn wir von Strukturen reden, reden wir immer erstmal von Vitalität.

Wenn die Vitalität nicht da ist, dann stirbt der Körper. Aber selbst, wenn du das Kreativer sagst: Strukturen sind nicht dein Ding. Du hast eh eine Struktur. Du machst sie im Moment nur intuitiv. Nehmen wir mal ein Logo-Design.

Wenn du ein Logo-Design willst, dann stellst du ein paar Fragen an deinen Kunden, was der für ein Brand-Personality oder sowas hat. Dann machst du ein paar Sketches, die Farbwahl, die Reinzeichnung, die Exporte in verschiedenen PNG-Formaten und so weiter und so fort.

Das heißt, die Struktur ist schon längst da, sonst würdest du niemals ein Logo-Design in deinem Leben haben, ja. Du hast es bis jetzt immer nur intuitiv gemacht.

Wenn du jetzt aber ein bisschen mehr Bewusstsein hast und dir das anschaust, was du da eigentlich intuitiv machst, dann wirst du vielleicht auch merken: ja warum mache ich das eigentlich so? Ist ja Blödsinn.

Warum schreibe ich denn dem Kunden, wenn ich die Farben ausgewählt habe: so erstmal die Frage? Das kann ich doch gleich am Anfang fragen. Wäre doch viel besser. Das heißt, wenn man sich den Prozess erstmal anguckt, merkt man, ob man da eigentlich ein paar Sachen macht, die nicht so sinnvoll sind, ja.

Das heißt, ich würde mich von den Strukturen nicht abschrecken lassen, auch wenn du ein kreativer Mensch bist. Denn wenn wir es mal ganz ehrlich anschauen, Strukturen sorgen für mehr Freiheit. Weil wenn du immer alles neu denken musst, der Kopf hat ja auch so eine Bandbreite.

Wenn man ständig denken muss, dann ist die Bandbreite besetzt. Wenn man aber genau weiß, Schritt eins, zwei, drei, man da gar nicht darüber nachdenken muss, weil es einfach super definiert ist, dann muss man auch nicht so viel Bandbreite im Kopf nutzen. Und das macht wirklich frei.

Lilli: Cool, danke dir. Warte, ich habe jetzt noch einen Gedanken zu Strukturen gehabt. Genau, Strukturen sind ja für uns selbst und auch für die Kund*innen besser. Weil die bekommen dann auch immer eine gleichbleibende Qualität.

Melanie: Absolut. Wenn du die Sachen intuitiv machst, du bist ja nicht immer der gleiche Mensch. Heute hast du mal Liebeskummer, morgen bist du total glücklich. Dann hast du vielleicht was Falsches gegessen, dann tut dir der Bauch weh. Und das darf auch so sein, dass du dich ständig veränderst, ja.

Du gibst zwar immer dein Bestes, aber jeden Tag verändert sich dein Bestes, weil du dich veränderst. Aber wenn du diese Strukturen hast, wendest entweder du oder auch Mitarbeiter die Strukturen an, dann ist die Chance sehr viel größer. Ich weiß, jeder sagt sich gerne, meine Qualität ist super.

Aber wenn man mal genau uns hinterfragen, dann ist es vielleicht doch nicht immer so. Wenn die Strukturen da sind, dann ist die Qualität gleichbleibend. Und nicht nur, weil du jetzt kurz vor dem Urlaub bist.

Jetzt hast du keine Zeit mehr und gibst dir nur halb so viel Mühe, weil es zu viel Stress oder so ist, sondern für jeden einzelnen Kunden. Das ist ja auch Kundenliebe. Dass man dafür sorgt, dass die Qualität mit jedem einzelnen Kunden wahnsinnig hoch ist.

Lilli: Als ich noch als Texterin gearbeitet habe, habe ich mir auch einmal aufgeschrieben, was ich eigentlich genau mache, wenn ich einen suchmaschinenoptimierten Blog-Artikel für meine Kund*innen schreibe.

Und dabei bin ich draufgekommen, dass ich immer eine Keyword-Recherche et cetera mache, aber das gar nicht mitkommuniziere, ja. Für mich war das logisch, dass ich eine Keyword-Recherche mache, mir die Seite eins bei Google et cetera anschaue.

Aber für meine Kund*innen natürlich nicht, weil ich es ihnen nie gesagt habe. Und als ich mir das einmal wirklich bewusst gemacht habe, habe ich gemerkt, ich arbeite in dem Bereich eigentlich gratis, weil ich mache eine Keyword-Recherche, verrechne und kommuniziere das nicht.

Es würde natürlich den Wert des Angebots erhöhen, wenn ich es mitkommuniziere. Und das war so ein Aha-Moment für mich, wo ich dann auch begonnen habe, wirklich im Angebot aufzuzählen: was ist alles enthalten?

Und das zu standardisieren und zu sagen: das ist mein Prozess, wie ich einen suchmaschinenoptimierten Blog-Artikel erstelle. Das ist bei jeder Person gleich. Und das hat einen Fixpreis. Egal, ob das jetzt 800 oder 1.000 Wörter sind. Ja, weil viele sagen ja auch: ja, aber bei Texten kann man nicht standardisieren.

Und das stimmt nicht. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man es schon kann und sich dann auch der Kunde wohler fühlt, wenn er im Vorhinein weiß: wie viel bezahle ich jetzt dafür? Und was ist genau enthalten? Und dass der Kunde nicht dieser kreativen Willkür, sage ich mal, ausgesetzt ist.

Melanie: Da hast du gerade zwei ganz wichtige Sachen angesprochen. Erstmal kenne ich das aus der Marketing-Agentur, wenn man dann anfängt zu denken: oh, dieser blöde Kunde, der kriegt gar nicht mit, wie viel ich mache. Und jetzt fragt er trotzdem noch, warum auf dem Stundenzettel so viele Stunden sind.

Das ist nicht die Schuld des Kunden. Ich kenne es ja selber als Unternehmer, ich habe viele Mitarbeiter, die für mich arbeiten. Wenn man einen guten Mitarbeiter gefunden hat, dann will man den so lange wie möglich behalten, ja.

Es ist nicht die Schuld des Kunden, sondern es geht wirklich darum, dass du nie kommuniziert hast, wie du es gerade gesagt hast. Und das ist die Downside, wenn du immer alles intuitiv machst, dann kriegst du bei vielen Sachen gar nicht mit, was du da alles machst.

Und die zweite Sache, die du gerade angesprochen hast: Texte, Designs, Programmierung kann man nicht standardisieren, habe ich gehört. Wie soll das denn gehen? Was wir aber dem Kunden verkaufen, ist ein Standardlösungsweg und nicht die Standardlösung. Wir verkaufen nicht jedem Kunden das gleiche Logo.

Wir verkaufen den Prozess, wie wir das Logo erstellen. Alle, die sich denken, das geht bei mir nicht, da würde ich sagen, ich habe bis jetzt noch niemanden gefunden, wo es mit der Standardisierung nicht geklappt hat. Vielleicht bist du der erste, lieber Hörer, wenn du auf mich zukommst. Aber bis jetzt verkaufen wir den Prozess und nicht das Endergebnis.

Lilli: Super, dass du das nochmal klargestellt hast, ja. Das ist auch noch sehr wichtig. Darauf anschließend gibt es ja auch viele Kreative, die sagen: ich bin in meinem Business unersetzbar. Niemand kann das so machen, wie ich das mache.

Ich kann auch nichts auslagern, weil die anderen wissen dann ja nicht, wie ich das machen möchte und es gehört. Und ich kann es ja selbst am besten. Was sagst du zu diesen Selbstständigen?

Melanie: Genau. Diese Denkweise hat einfach eine Konsequenz. Und diese Konsequenz ist, dass du selbstständig bleibst, ja. Wenn du aber Unternehmer werden willst, musst du anfangen, anders zu denken. Dass das im Moment vielleicht nicht funktioniert, dass irgendjemand anderes die Arbeit so gut macht, das kann schon Realität sein.

Aber das liegt einfach daran, weil du den Prozess, wie du etwas machst, nie definiert hast. Wenn du sowieso ein Team aufbauen willst, ist das A und O, dass du überhaupt überlegst, wie du etwas gemacht haben willst. Weil ein Mitarbeiter kann dich nie zufrieden stellen, wenn du ihm nie gesagt hast, wie er das machen soll, ja.

Und sofern du diesen Prozess dokumentiert hast, kann das jemand sehr wohl lernen, wie man das macht, ja. Das heißt, wenn du glaubst, du kannst dich nicht ersetzbar machen, dann liegt das einfach daran, dass du deinen Schaffensprozess nicht dokumentiert hast.

Lilli: Wir kommen immer wieder auf die Prozesse zurück.

Melanie: Ja, das ist wirklich so eine tiefe Wurzel, wo der ganze Rattenschwanz dann an Problemen entsteht. Und wenn man die entfernt, ja, das ist wie so ein Magic einfach, ja. Dann fallen ganz viele Sachen in den richtigen Platz.

Lilli: Das wäre auch meine letzte Frage an dich. Wenn man ein echtes, eigenes Unternehmen aufbauen will, was man dann an seinem Mindset, seiner Denkweise, und auch an seinem Money-Mindset ändern sollte.

Ich glaube, der allererste Schritt ist ja, dass man es erkennt und dann zuerst auch in der Denke etwas ändert, bevor man etwas tut. Habe ich jetzt auch bei dir so rausgehört.

Melanie: Ja, ich habe so eine schöne Aufstellung bei bestimmten Sachen, wie ein Freelancer und Unternehmer denkt. Ein Beispiel wäre, der Freelancer denkt: hallo lieber Kunde, mein Stundensatz ist 80 Euro, was willst du? Ein Unternehmer denkt so nicht. Ein Unternehmer denkt sich oder sagt: hallo, lieber Kunde.

Ich habe gesehen, du hast dieses Problem. Ich habe diese Lösung dafür. Die kostet 1.999 Euro, ja. Ein riesen Unterschied. Eine weitere Sache ist: der Selbstständige sagt sich, mein Kunde will nur mich. Der Unternehmer sagt sich, der Kunde will die Lösung für sein Problem. Punkt.

Wie ich das liefere, ist meine Sache, ja. Eine weitere Sache ist, ich muss mich unersetzbar machen. Nur so kann ich gegen den Wettbewerb ankommen, ja. Das sagt der Selbstständige. Der Unternehmer sagt: ich muss mich unbedingt ersetzbar machen, sonst kann mein Unternehmen nicht wachsen, ja.

Lilli: Ja, schön.

Melanie: Ein Selbstständiger sagt: ich habe so und so viel Zeit gebraucht. Der Unternehmer sagt: ich habe dir so und so viele Ergebnisse geliefert. Da gibt es noch ein paar mehr. Will jetzt nicht zu weit ausholen. Aber es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen dem Mindset eines Selbstständigen und eines Unternehmers.

Lilli: Cool. Vielen Dank. Liebe Melanie, wenn jetzt jemand sagt: ja, das hört sich super an, ich würde gerne mehr darüber wissen, wo können wir dich denn finden? Und was bietest du konkret an?

Melanie: Genau, du kannst mich auf der Website business-mit-struktur.de finden. Und es gibt unterschiedlichste Möglichkeiten, mit uns zusammenzuarbeiten. Wir haben zum Beispiel eine Vorlagenbibliothek, wenn du ganz spezifische Prozesse brauchst, dann kannst du die einzeln dort bei uns erwerben.

Wir haben Onlinekurse, wo wir dir zu diesen drei Systemen, Lieferung der Leistung, Lead-Konvertierung, Lead-Generierung, helfen, die als Selbstlernmodus aufzubauen.

Oder du kannst ein One-on-One-Coaching mit mir oder meinen zertifizierten Coaches machen. Und da können wir dann natürlich one-on-one ganz extrem in deine Bedürfnisse reingehen.

Lilli: Cool. Melanie, vielen Dank für das Interview, deine Zeit, deinen vielen Inputs und Insights. War sehr spannend. Und ich hoffe, dass das die richtigen Leute erreicht, die das Unternehmerherz haben und mehr Menschen mit ihrer Leistung und Lösung helfen möchten. Genau. Vielen Dank.

Melanie: Ja, vielen Dank. Hat Spaß gemacht.

Lilli: Dankeschön. Tschüss.

Shownotes:

  • Wie erzielt man Stundensätze von 200 – 500 Euro?
  • Wie kann man sich selbst aus seinem Business rausziehen, Prozesse optimieren und Arbeit abgeben?
  • Was ist der unternehmerische Weg und wie weit willst du ihn gehen? 
  • Welche Unternehmertypen gibt es?
  • Was ist der Unterschied zwischen Selbstständigen und Unternehmer*innen?
  • Was sind die Zeit-gegen-Geld-Falle, das Freelancer-Hamsterrad etc.?
  • Was macht eine*n Unternehmer*in aus?
  • Schränken Strukturen, Prozesse, Methoden, Planung etc. die Kreativität und Freiheit ein?
  • Was muss man an seinem (Money) Mindset ändern, wenn man ein echtes eigenes Unternehmen aufbauen will?

Diese und einige andere spannende Fragen hat mir Melanie Retzlaff, die Gründerin von Business mit Struktur, im Interview beantwortet.

Links:

15 Ideen, wie du dein Angebot hochpreisiger verkaufen kannst

Business mit Struktur

Melde dich jetzt zu Lillis kostenlosem Jahresplanung-Webinar am 21.12.2020 um 14 Uhr an: https://lillikoisser.at/adventskalender/ 

Hinterlasse deinen Kommentar:

2 Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert