Meine beste Freundin meinte mal zur mir: „Du hast aber viele Postings von Unternehmen in deinem Newsfeed!“ Bis dahin war mir gar nicht bewusst, dass ich wahrscheinlich berufsbedingt (und Neugier-bedingt) überdurchschnittlich viele Marken, Medien und Institutionen auf Facebook like.
Wie viele Facebook Likes sind normal?
Der durchschnittliche Facebook-User likt 40 Seiten (Stand 2013). Bei mir sind es zu diesem Zeitpunkt 480 Likes. Eigentlich hat ja jeder User durch Facebook seine eigene kleine Realität. Kein Newsfeed gleicht dem anderen. Freunde, Interessen, Erfahrungen und auch die Algorithmen von Facebook bestimmen, was wir sehen und wie unsere Welt durch die Augen „unseres“ Facebooks aussieht.
Für jeden Menschen sind andere News „Breaking“.
Ich hätte z.B. ohne den Facebook Newsfeed nie mitbekommen, dass bei einem großen Feuer in Boston zwei Feuerwehrmänner auf tragische Weise ums Leben kamen, oder dass die U-Bahn dort jetzt bis 3 Uhr morgens fährt. Natürlich könnte ich täglich auf diverse Nachrichtenportale aus Boston (wo ich ein Jahr gelebt habe) gehen, aber in der Realität tut das ja keiner. So interessant ist es dann ja doch wieder nicht – außer, es wird ohne irgendeine Anstrengung oder unser aktives Zutun im Newsfeed von Facebook angezeigt. Dann hat es plötzlich Relevanz.
Neuigkeiten aus aller Welt bequem an einem Ort
Mich interessieren die Essens-, Haustier- und Partyfotos meiner Facebook-Freunde schon längst nicht mehr. Mittlerweile ist es selten geworden, dass ein „menschliches“ Posting, also von einem realen Bekannten, noch unsere Aufmerksamkeit erregt oder mal was Neues ist. Was mich auf Facebook dafür anhaltend interessiert, sind
- Breaking News, die sich wie ein Lauffeuer verbreiten
- Virale Videos, die mich zum Lachen oder Staunen bringen
- News von Agenturen oder Kunden
- Business-Wissen, das mich beruflich weiterbringt
- Fakten wie Konzerttermine, Kinostarts oder neue Serien-Episoden
Facebook scannen statt Zeitung lesen
Facebook wird immer mehr vom sozialen Netzwerk zum Medium. Man abonniert fleißig die Neuigkeiten von Nachrichtensendern, Zeitungen, Medien, Websites, Veranstaltungsorten usw. und lehnt sich entspannt zurück, während alles Wissenswerte automatisch durch den Facebook Newsfeed flimmert. Wie es derstandard.at so schön in seinem Facebook-Titelbild ausdrückt: If the news is that imporant, it will find me. Man bräuchte fast keinen RSS Reader, wenn man einfach alle gern gelesenen Websites und Blogs auf Facebook liken würde – wären da nicht die Facebook-Algorithmen, die manche Postings unterdrücken.
Die Welt durch den Filter des Newsfeeds
Wir verlassen uns darauf, dass wir über Facebook eh alles mitkriegen, was uns interessiert. Das ist bequem, aber irgendwie auch erschreckend. Wenn man mal einen Schritt zurückgeht und sich überlegt, wie schnell Facebook wie viel Macht in unserer Welt, unserem Leben und unserer Geschäftswelt übernommen hat, ist das beklemmend.
Gefällt mir?
Worauf ich hinaus will ist dieses ambivalente Gefühl, das vielleicht jeder Facebook User hat: Facebook ist praktisch, unterhaltsam und hilfreich, aber andererseits schon viel zu sehr in unser aller Leben vorgedrungen, viel zu omnipräsent, viel zu wichtig, und eigentlich wollen wir das nicht. Nur müssten wir halt, um unsere Privatsphäre und kostbare Freizeit zu schützen, auf die Bequemlichkeit der automatischen Nachrichten-Lieferung verzichten, und das wollen wir genauso wenig. Verdammt!
Wie viele Seiten likt ihr auf Facebook? Bin ich abnormal? 😀
Fotos: Facebook
