Die Marketing-Studentin Doris Steindl hat mich für ihre Diplomarbeit zum Thema Corporate Blogs interviewt. Sie studiert Produktmarketing und Projektmanagement und die Arbeit trägt den Titel „Erfolgsfaktoren von Blogs als Teil des Content Marketing zur externen Unternehmenskommunikation“. Ich freue mich und teile mein Wissen gerne mit ihr und Ihnen!
Seit wann beschäftigst du dich mit dem Bloggen?
2011 startete ich einen privaten Blog über mein Au Pair Jahr, von der Vorbereitungsphase bis zur Rückkehr nach Hause. Es war eine Mischung aus Familie und Freunde auf dem Laufenden halten und Information für andere Au Pairs. Nach meinem Auslandsjahr begann ich 2013 auch beruflich für Unternehmen zu bloggen.
Was verstehst du unter einem Corporate Blog?
Ein Corporate Blog ist der Blog eines Unternehmens oder einer Organisation. Man präsentiert diese Firma und nicht sich selbst als Person.
Was sind die Ziele von Corporate Blogs?
Blogs sind ein Kommunikationsinstrument, das potenzielle User und Kunden online anziehen, informieren, aufklären, unterhalten und bilden soll. Gleichzeitig sind sie ein Instrument der Suchmaschinenoptimierung (SEO), da sie einer Website laufend neue Seiten und Keywords hinzufügen.
Google will relevante Websites, die von vielen Leute besucht werden. Wenn einmal in der Woche gebloggt wird, dann wird eine Website viermal im Monat aktualisiert. Einer der Hauptnutzen von Blogs ist, dass ich Keywords, die ich im Rahmen meines Unternehmens verbreiten will, platziere. Dass man bei Google hoch gereiht wird ist die Hauptaufgabe von Blogs, es geht darum, von Suchmaschinen besser gefunden zu werden und die Leute dort abzuholen, wo sie suchen.
Welche Kriterien sollte ein Corporate Blog erfüllen?
Im Rahmen des Content Marketing ist ein Blog das zentrale Kommunikationsinstrument. Ein Blog ist dabei NICHT werblich. Er sollte relevante, hilfreiche und interessante Themen liefern, die die Zielgruppe beschäftigen. Die Inhalte lösen die Probleme der Zielgruppe, der Nutzen für den Leser steht im Vordergrund. Diese Inhalte finden sich in der Welt des Unternehmens, sind aber oft weit gefasst – der Blog von Mint, einer Software für persönliche Finanzen, deckt z.B. alles rund um Geld und Lifestyle ab – von „The most expensive items on your newborn checklist“ bis zu „10 Superfoods that are super cheap“.
Es geht hier um einen Paradigmenwechsel: In TV-Spots, Anzeigen usw. wird das Produkt angepriesen, ich weiß aber als Konsument nicht, was ich davon genau habe. Blogs bieten Lösungen: Der Kunde hat ein Problem oder eine Frage, geht online um nach Lösungen zu suchen, und findet die Antwort auf einem Blog. Bei TV-Werbung schalten 86% um, Direct Mail landet im Müll, man muss sich neue Wege überlegen, die Konsumenten zu erreichen. Blogs und Content Marketing machen so viel Sinn: Wenn ich online etwas suche und jemand über genau dieses Thema bloggt, freue ich mich, diesen Artikel gefunden zu haben. Man ist dann auch eher bereit, dort zu kaufen.
Was muss bei der Erstellung von Corporate Blogs beachtet werden?
Der Blog muss immer eine Subdomain der Unternehmenswebsite sein: www.beispiel.at/blog oder blog.beispiel.at und nicht auf Blogspot oder sonstigen Plattformen gehostet werden, damit der Traffic des Blogs auf die Website führt.
Man sollte mindestens einmal wöchentlich neue Blogposts veröffentlichen. Je öfter man bloggt, desto mehr bringt der Blog.
Jeder Blogpost ist einem eigenen Keyword oder einer Keyword-Phrase gewidmet.
Um kontinuierlich zu bloggen, braucht man genügend Zeit. Ein monatlicher Redaktionsplan hilft, Ideen für Blogposts zu sammeln und die Posts zu planen. Dieser Blogkalender enthält:
- Datum der Veröffentlichung
- Thema / Titel
- Inhalt / Details
- Keywords
- Zielgruppe / Buyer Personas
- Call To Action
Was verstehst du unter einem Call To Action?
Man fordert den Kunden auf, etwas zu tun, nachdem er den Blogartikel gelesen hat: Hinterlass ein Kommentar, abonniere den Newsletter, werde Fan auf Facebook. Idealerweise bekommt der Leser auch ein Goodie, wenn er diese Aktion ausführt: Meld dich für den Newsletter an und du bekommst ein kostenloses eBook, eine Demoversion, einen Rabattgutschein o.Ä.
Was sind Herausforderungen?
Als größte Herausforderung sehe ich, laufend neue Ideen für Blogposts zu finden. Auch der Zeitaufwand wird beim Bloggen unterschätzt. Außerdem sind nur Blogs relevant, deren Inhalt neu, interessant und einzigartig ist. Jeder Blogpost muss einen klaren Nutzen für den Leser haben: Wie werde ich schöner, schlanker, reicher, erfolgreicher, eine bessere Mutter, wie wird mein Haus sauberer und stylisher, wie ziehe ich mich besser an, wie mache ich schönere Fotos, usw.usf. Die Produkte des Unternehmens stehen nicht im Vordergrund!
Die meiste Arbeit beim Erstellen macht die Vorbereitung: Worüber will ich überhaupt schreiben, welche Bilder brauche ich, welche Links? Das Schreiben dauert ca. eine Stunde, und dann muss man noch nach SEO-Kriterien optimieren: Text, URL, Page Title, Meta Description, Keyword-Dichte, Bilder, Links usw.
Wenn der Post fertig ist, muss er noch in die Welt getragen, auf Facebook, Pinterest, Twitter etc. geteilt werden. Man darf sich nicht nur drauf verlassen, über Google gefunden zu werden. Der Artikel muss auch so gestaltet sein, dass er zum Lesen anregt und online geteilt wird.
Was sind deiner Meinung nach Features, die ein Corporate Blog haben muss?
- Die richtige Headline – Ist die Headline nicht gut, wird der Blogpost nicht gelesen. Es gibt hier verschiedene Techniken, um das Interesse des Lesers zu wecken, z.B. die Erwähnung von Zahlen, Fragen, Negativ-Headlines…
- Mundgerechte Texte – Der Text muss gut gegliedert und unterteilt, einfach zu lesen und leicht zu verstehen sein.
- Abwechslungsreicher Content – Man kann ähnliche Inhalte in vielen verschiedenen Formen darstellen, z.B. Listen, Interviews, Cartoons, Videos, Podcasts, Präsentationen,…
- Abo-Funktion – Der Blog sollte per E-Mail und RSS-Feed abonniert werden können.
- Kommentar-Funktion – Der User soll Kommentare hinterlassen können.
- Share-Funktion – User sollen den Artikel direkt auf der Seite in Social Media-Netzwerken teilen können.
- Call to Action – Jeder Blogpost muss die Aufforderung an den Leser beinhalten, etwas zu tun: Blog abonnieren, Kommentar hinterlassen, Fan auf Facebook werden, Newsletter abonnieren, Blogpost sharen, Beratungsgespräch vereinbaren…
Warum?
User sollen
- den Content lesen
- damit interagieren und
- nächste Schritte tätigen.
Wofür dient deiner Meinung nach die Kommentarfunktion?
Die Kommentar-Funktion zeigt, dass auch Blogs kein One-Way-Medium sind: User können als Kommentar Fragen stellen, Inhalte ergänzen oder eine Diskussion starten. Kommentare sind eine Messeinheit für das Engagement eines Blogs.
Ist diese relevant?
Die Kommentarfunktion ist relevant. Blogs sind schließlich dazu da, um mit Usern zu interagieren und sie zu Handlungen zu motivieren. Man sollte auf jeden Fall auf Kommentare reagieren und einen regen Austausch über die Kommentarfunktion anstreben. Leider lässt aber die Motivation der Leser, Kommentare zu hinterlassen, immer mehr nach. Sie kommentieren lieber auf Facebook oder Twitter als direkt auf der Seite.
Wann werden Corporate Blogs eingesetzt?
Blogs sind ein Teil des Content bzw. Inbound Marketing. Wenn sich ein Unternehmen dazu entschließt, online um Kunden zu werben, ist ein Blog bald unverzichtbar.
Wann findest du das sinnvoll?
Immer. Es gibt ein Argument für Blogs, das niemand anfechten kann: Den Nutzen von Blogs für das Ranking auf Google. Google mag Websites die laufend aktualisiert werden, relevante Keywords beinhalten und einzigartige Inhalte bieten. Ich denke, dass gerade deswegen Blogs gerade so boomen. Viel wichtiger als die suchmaschinentechnische Komponente ist aber die marketingtechnische: Ein Blog lockt online User an, die über Google oder Social Media auf den Blog stoßen. Mit nützlichen Inhalten sollen diese hereingestolperten Interessenten in Leser und schließlich in Kunden verwandelt werden.
Gibt es Branchen oder Unternehmen, wo du es als nicht sinnvoll erachtest?
Nein. Für jedes Unternehmen, jedes Produkt und jedes Thema gibt es Menschen, die sich dafür interessieren. Die Indium Corporation in New York, die Lötpaste herstellt, hat herausgefunden, dass ihre Kunden nach 73 sehr spezifischen Keywords suchen. Also launchten sie 73 einzelne Blogs, die sich diesen Keywords widmen! Der Großteil der Menschheit muss über den Content lachen. Ein Blog über Schmelzlegierung? Wen interessiert das? Aber die Kunden und Prospects von Indium lieben die Blogs!
Auch wenn in den ersten Monaten niemanden meinen Blog liest, wird er bei Google gerankt. Ein TV-Spot ist für 20 Sekunden on air. Blogeinträge sind für immer im Internet und auch in 3 Jahren noch aktuell, wenn jemand danach sucht. Blogposts haben einen langanhaltenden, exponentiell steigenden Nutzen: Je länger ein Blogartikel online ist, desto öfter wird er angeklickt und geteilt, und desto besser rankt er in Suchmaschinen.
Was erwarten Unternehmen von Corporate Blogs?
Ich glaube, dass vor allem in Österreich der Nutzen von Blogs noch nicht wirklich klar ist. Es ist eher ein „Nice-to-have“. Es besteht viel Erklärungsbedarf, was ein Blog alles leisten kann: bis zu 55 % mehr (organischen!) Traffic auf die Website, 57 % der bloggenden Unternehmen haben dadurch Kunden gewonnen, der Nutzen für das Ranking bei Google, die Positionierung als Experte, das Image als sympathischer Problemlöser…
Blogs liefern auch laufend Inhalte für Social Media und Newsletter. Gerade das ist für viele Unternehmen ja ein Problempunkt: Was soll ich auf Facebook posten? Was soll im nächsten Newsletter ausgeschickt werden? Ein guter Blogpost kann vielfach wiederverwertet werden.
Unternehmen, die sich mit dem Thema Bloggen beschäftigen und bei mir anfragen, gehen es oft zu zahlenfokussiert an: Können Sie mir garantieren, dass ich dadurch mehr Umsatz mache? Wie viel höher werde ich bei Google gerankt sein? Ich verstehe natürlich, dass Geschäftsleute einen ROI sehen wollen. Bloggen und Content Marketing sind aber nicht als Kampagne, sondern als Einstellung zu sehen: Weg von der Behandlung der Kunden im Sinne von „Friss oder stirb“ und „Kauf du Sau“, hin zur Anerkennung der Tatsache, dass der Kunde heute tatsächlich König ist. In Zeiten von Amazon-Reviews, Bewertungsplattformen und Social Media können sich Unternehmen keinen Bullshit mehr leisten. Die Kunden und ihre Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Der Kunde will eine Antwort auf die Frage „Was hab ich davon?“
Ein anderer wichtiger Faktor ist Geduld. Ein Blog braucht ca. 6 Monate, bis er „greift“ und man deutliche Auswirkungen spürt. So lange dauert es, bis sowohl Google als auch regelmäßige Leser den Blog als relevant bewerten.
Was sind deiner Meinung nach Erfolgsfaktoren für einen Corporate Blog?
Die zentrale Frage ist: Welches Problem meiner Zielgruppe löse ich mit meinem Blog? Warum soll sie meinen Blog lesen, was hat sie davon? Weitere Erfolgsfaktoren sind die Beherrschung der Blog-Regeln in Sprache und Bild, ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe (schreiben wie man spricht, kein Unternehmensdeutsch), und technische Faktoren (Abo-Funktion, Kommentar-Funktion, Share-Funktion). Die Kunst ist, durch einen Blog Leser in Subscriber, Newsletter-Abonnenten, Facebook-Fans, Twitter-Follower und schließlich in Kunden zu verwandeln.
Woran kann man den Erfolg messen?
Zahl der Seitenaufrufe, Zahl der Abonnenten, Zahl der Kommentare, Zahl der Shares. Indirekt auch am Steigen des Umsatzes, denn es ist erwiesen, dass Bloggen dies bewirkt!
Kannst du mir ein Beispiel für einen Corporate Blog nennen?
www.jeffbullas.com, der „Guru“ für Blogging und Social Media.
Was gefällt dir an seinem Blog?
Die Themenwahl spricht mich immer wieder an – Jeff Bullas legt den Finger in die Wunde von Menschen, die Content Marketing betreiben. Ein guter Blog liest quasi die Gedanken seiner Leser und beantwortet ihre quälendsten Fragen. Das ist auch eine Faustregel für Blog-Ideen: Was hält Ihre Leser nachts wach? Finden Sie es heraus und schreiben Sie über passende Lösungen! Ein guter Tipp ist auch, beim Kundenservice nachzufragen, welche brennenden Fragen immer wieder auftauchen, was immer und immer wieder erklärt werden muss.
Jeff Bullas schreibt vor allem How-To-Posts (How to get more likes on your Facebook page) und nummerierte Listen (5 Lessons from Coca Cola’s new Content Marketing strategy). Diese Arten von Blogposts sind erwiesenermaßen am beliebtesten, da sich die Leute nicht die Zeit nehmen, elendslange, unstrukturierte Blogposts durchzuarbeiten.
Was gefällt dir nicht?
Sein Schreibstil lässt manchmal zu wünschen übrig, er hat zwar das Wissen über die Themen, aber meiner Meinung nach nicht das Talent eines Schreibers. Trotzdem ist sein Blog sehr erfolgreich! Auch die Wahl der Bilder finde ich manchmal unoriginell.
Ich zeige dir nun den Blog von Vöslauer. Was gefällt dir daran?
Der Blog hat ein eigenes Menü: Home, About, Shops, Vöslauer, Kontakt/Impressum, Facebook.
Es wird einmal die Woche gebloggt.
Es gibt Facebook-Plugins: Like-Funktion und Like-Box.
Es gibt eine Kommentarfunktion.
Die Bildsprache ist einheitlich.
Es gibt ein Archiv und ein Suchfeld.
Die Blogposts sind getaggt und kategorisiert.
Der Blog macht im Gesamtbild einen professionellen, visuell ansprechenden und aktuellen Eindruck.
Was gefällt dir nicht?
Die Titel der Blogposts könnten mehr „attention-grabbing“ sein, sie folgen nicht den Regeln für Blog-Headlines.
Der Nutzen für den Leser steht nicht im Vordergrund.
Ich kann keine Keyword-Strategie im Blog erkennen.
Es gibt keine Call to Actions.
Der Bezug Mineralwasser – Fashion ist vom Unternehmen her geprägt, nicht vom Kunden. Ich sehe darin keinen nachvollziehbaren Zusammenhang.
Hast du Verbesserungsvorschläge?
Schon einfache Änderungen an den Headlines würden dem Blog ein ganz anderes Feeling geben: Statt
Ethno-Chic voll im Trend – Silvia Gattin holt uns die Welt in den Kleiderschrank
zum Beispiel
3 einfache Tipps, wie Sie Ihrer Garderobe einen Ethno-Touch verpassen: Interview mit Designerin Silvia Gattin
Der Text muss dann auch das Versprechen der Headline halten!
Wie siehst du die Zukunft des Bloggens?
Blogs werden boomen. Bald wird jede Website einen Blog haben, so wie heute jede Website eine Facebook-Page hat. Content Marketing wird als das heißeste Marketing-Thema 2013 gehandelt – zu Recht! Der Trend geht weg davon, den Kunden mit lästigen Werbebotschaften zu bombardieren. Stattdessen stellt man nützliche Inhalte bereit und wartet darauf, von den richtigen Kunden gefunden zu werden.
Gibt es noch etwas, was du ergänzen möchtest?
Es ist immer eine gute Idee, Long Tail Keywords zu verwenden bzw. seine Blogposts darum zu bauen. Wenn jemand bei Google „Rosen richtig schneiden“ sucht, möchte er sicherlich den Blogeintrag eines Gärtners zum Thema „Rosen richtig schneiden: 9 einfache Tipps“ lesen.
Ein Blog steht im Idealfall nicht allein – sondern ist in ein Konzept aus zumindest Social Media und Newsletter Marketing eingebettet. In weiterer Folge kann man auch eBooks, Seminare, Webinars, Podcasts etc. zu den Blogthemen kreieren.
Vielen Dank für das Gespräch.
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Fotos: arminho-paper, Flickr Creative Commons Lizenz; zynp auf Instagram
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